Bauministerkonferenz: Baugewerbe fordert von der Bundesregierung ein Bekenntnis zum Wohnungsbau

Bauverbände und Handwerk fordern Maßnahmen zur Stabilisierung der Baukonjunktur

Der russische Krieg gegen die Ukraine droht Deutschland und Europa in eine Wirtschaftskrise zu stürzen. Anders als in vergangenen Krisen ist der Bausektor mit rund 2 Millionen Beschäftigten und 400 Milliarden Euro Bauvolumen aktuell ebenfalls von deutlichen Rückgängen betroffen. So waren im September 2022 laut ifo-Institut bereits 17% der Wohnungsbauunternehmen von Stornierungen betroffen. Ein ähnliches Bild zeichnen die Auftragseingänge im Wohnungsbau, welche im August real um 24% gegenüber dem Vorjahresniveau sanken.

Wie dem Einbrechen der Baukonjunktur entgegengewirkt und eine Abwärtsspirale zulasten von bezahlbarem Wohnungsbau und Klimaschutz vermieden werden kann, haben der Bundesverband Baustoffe – Steine und Erden (bbs), der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie (HDB), der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB) und der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) in einem gemeinsamen Positionspapier adressiert.

Damit die Baukapazitäten erhalten bleiben und weiter Impulse für bezahlbaren Wohnungsbau und energetische Modernisierungen gesetzt werden können, werden im Papier attraktivere Rahmenbedingungen eingefordert.

Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer Zentralverband Deutsches Baugewerbe, betont: „In diesem Jahr wurde der Standard für die Förderung auf EH 40 verschärft – und damit die Baukosten um rund 30.000 Euro für ein normales Einfamilienhaus erhöht. Wir sehen, dass Energiekrise, Inflation und Zinskosten die Bauherren verunsichern. Wie im kommenden Jahr mit einer Milliarde Euro die gleiche Wirkung erzielt werden soll, wie in den vergangenen Jahren mit zehn Milliarden, ist völlig unklar. Um den Wohnungsbau voranzubringen und Bauherren zu entlasten, muss bei der Förderung privater Bauherren dringend nachgearbeitet sowie eine Sonder-Afa im Mietwohnungsbau wieder eingeführt werden.“

Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie: „Unsere Befürchtung hat sich bestätigt, dass die öffentliche Hand ihre Bauinvestitionen nicht der Preisentwicklung anpassen wird. Dadurch fällt das Investitionsniveau. Angesichts maroder Brücken, Straßen und Schulen müssen sich Bund, Länder und Gemeinden ihrer Verantwortung hinsichtlich einer funktionierenden Infrastruktur bewusst zu sein. Ansonsten ist Deutschland bald wieder der kranke Mann Europas. Es ist deshalb absolut dringlich, die Neubauförderung massiv aufzustocken und degressive Abschreibungsmöglichkeiten für Investoren ab dem neuen Jahr einzuführen, allein um die Mehrkosten steigender gesetzlicher Standards zu finanzieren und mehr Wucht im Wohnungsbau zu erzeugen.“

Dr. Matthias Frederichs, bbs-Hauptgeschäftsführer: „Bauinvestitionen sind gerade in Krisenzeiten ein zentraler Beitrag zur Stabilisierung der Konjunktur und tragen zu regionaler Wertschöpfung und Beschäftigung bei. Alle von uns vorgeschlagenen Maßnahmen dienen gleichermaßen den Bau- und Klimazielen der Bundesregierung. Die dafür notwendigen öffentlichen Mittel dienen dem nachhaltigen wirtschaftlichen Wachstum und sind somit gut investiert.“

Holger Schwannecke, Generalsekretär des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH) betont die Notwendigkeit einer verlässlichen Förderkulisse im Bausektor: „Planungssicherheit und die Vermeidung von jeglichen neuen bürokratischen und finanziellen Lasten sind gerade für die mittelständischen Handwerksbetriebe von großer Bedeutung. Zu kurzfristigen Förderstopps darf es nicht mehr kommen, um die notwendige verstärkte Modernisierung des Gebäudebestandes nicht zu gefährden. Unter maßgeblicher Beteiligung des Handwerks kommt der energetischen Sanierung eine Schlüsselrolle zu, um die Klimaziele zu erreichen und unsere Unabhängigkeit von fossilen Energieimporten zu vergrößern.“

Das Positionspapier "Konjunkturmotor Bau erhalten, Klimaschutz voranbringen" steht hier zum Download bereit.

Heute treffen sich die für Städtebau, Bau- und Wohnungswesen zuständigen Ministerinnen und Minister und Senatorinnen und Senatoren der Länder in Berlin. Die 141. Bauministerkonferenz wird sich mit den Ergebnissen des „Bündnisses bezahlbarer Wohnraum“ der Bundesregierung befassen. Dazu Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer Zentralverband Deutsches Baugewerbe:

"An den einbrechenden Zahlen bei den Aufträgen und Baugenehmigungen sehen wir, wie die toxische Mischung aus Energiepreisen, Inflation und Zinskosten die Bauherren zunehmend verunsichert. Um 22,6 % fiel im September im Vergleich zum Vorjahresmonat der reale Auftragseingang im Bauhauptgewerbe. Das war der stärkste Rückgang im Vorjahresvergleich seit Februar 2005. Klar ist: Ohne eine gemeinsame politische Linie wird die Zahl der gebauten Mietwohnungen und Eigenheime deutlich sinken.

Es passt nicht zusammen, mehr Wohnungen bauen zu wollen, aber gleichzeitig die Bedingungen dafür anzuheben und den Förderrahmen einzuengen. 2022 wurde der Förderstandard auf EH 40 verschärft. Damit erhöhten sich die Baukosten für ein Einfamilienhaus um rund 30.000 Euro. 10 Mrd. Euro für Kredite und Tilgungszuschüsse standen Bauherren in den letzten Jahren noch zur Verfügung. Ab 2023 sind nur noch rund 1 Mrd. Euro eingeplant.

Hier muss massiv aufgestockt und das Baukindergeld verlängert oder eine vergleichbare Regelung gefunden werden. Andernfalls werden wir beim notwendigen Wohnungsneubau einen noch größeren Einbruch sehen.

Vor der heutigen Bauministerkonferenz appellieren wir an die Bundesregierung, sich zu den eigenen Wohnungsbauzielen zu bekennen und entsprechend zu handeln. Noch immer sind die überarbeitenden Neubau-Förderungen für 2023 nicht klar und werden sich jetzt bis zum zweiten Quartal verzögern. Die Ampel muss sich beim Wohnungsbau endlich entscheiden.“

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